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Es darf gemauert werden | FDP lässt nicht locker | 21-03-2023

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Wissing war auch schon in Wilhelmshaven und sollte als Hafenlobbyist eingespannt werden :( | foto.hufenbach

21-03-2023 | Kommentar | Wolf-Dietrich Hufenbach

Es darf gemauert werden | FDP lässt nicht locker

Nicht nur auf kommunaler Ebene kämpft die FDP mit kosmetischen Forderungen zur Stärkung des Radverkehrs und protegiert weiterhin die Autofahrer:innen.

Auf europäischer Ebene wird das geplante Verbrenner-Aus, das für 2035 geplant war, auf Eis gelegt.

Dieses NoGo treibt die Deutsche Umwelthilfe (DUH) dazu, den "Fehdehandschuh" aufzunehmen und sich "gegen den von Christian Lindner und Volker Wissing geplanten Großangriff auf den Klimaschutz in Deutschland mit allen juristischen Mitteln zu wehren".

Als Nebenkriegsschauplatz im Sinne der Automobilindustrie will die FDP in Person von Volker Wissing allen Ernstes "die Modernisierung der Bahn um 40 (!) Jahre auf nach 2070 verschieben! Mit dem eingesparten Geld sollen dafür die Autobahnen zum Teil zehnspurig ausgebaut und noch mehr Güter auf dem Lkw transportiert werden.".

Die ultraliberale Partei konterkariert geradezu alles, was getan werden muss, damit die Menschheit sich an den Klimawandel anpassen kann. Sie betätigt sich als Hardliner derjengen, die den dringend nötigen Transformationsprozess blockieren, der notwendig ist, um sich jetzt an den Klimawandel anzupassen.

Im PIK STATEMENT zum IPCC Synthese-Bericht vom 20-03-2023 heisst es:

Zitat: "... „Der sechste Synthesebericht macht noch einmal die Dringlichkeit deutlich. Die Schäden durch den Klimawandel sind bereits groß, die weltweiten Emissionen weiterhin auf Rekordniveau. Wir brauchen ein umgehendes Absenken der weltweiten Emissionen auf Netto-Null binnen 30 Jahren, um das 1.5°C Grad Ziel in Reichweite zu halten. Dafür gibt es Lösungen in allen Sektoren, es braucht aber großen Gestaltungswillen, gemeinsames Handeln und massive Investitionen, um das zu schaffen. Der Bericht hebt auch die enge Verknüpfung von Klimawandel und Gerechtigkeit hervor. Es sind die Ärmsten, die am wenigsten zum Klimawandel beigetragen haben und am härtesten von ihm getroffen werden. Eine gerechtere Welt erfordert aktiven Klimaschutz." ..."
(-ex> PIK zum PC-Bericht)

Eine Botschaft, die beim derzeitigen Verkehrsminister Wissing nicht ankommt. Er setzt darauf, dass man der Technologie alle Türen offen halten muss, weil die Wirtschaft immer noch oberste Priorität besitzt.

Deutscher Bundesverkehrswegeplan überholt?

In Österreich hat die Verkehrsministerin den veralteten Verkehrswegeplan praktisch außer Kraft gesetzt, weil er den rasanten Wandel in der Mobilitätsentwicklung nicht mehr wiederspiegelt.

Der deutsche Bundesverkehrswegeplan (BVWP) 2030 stellt als wichtigstes Instrument der Verkehrsinfrastrukturplanung des Bundes die verkehrspolitischen Weichen für einen Zeitraum von etwa 10 bis 15 Jahren. Er stamt aus dem Jahre 2016 und der Schwerpunkt lag damals auf der Straße.

In der Sendung von Frontal 21 vom 14-03-2023 heisst es dazu:
Zitat: " ... Geht es nach Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP), wird der Bundesverkehrswegeplan 2030 mit 850 Kilometern zusätzlichen, neuen Autobahnen und insgesamt 900 Straßenprojekten wohl schnellstmöglich umgesetzt ...

... Dagegen will der Koalitionspartner Bündnis 90/Die Grünen am liebsten sämtliche Autobahnprojekte noch mal auf den Prüfstand stellen. Doch der Streit findet längst schon nicht mehr nur unter den Koalitionären statt. Auch der Expertenrat der Bundesregierung kritisiert die Verkehrspolitik des Bundes, und Mobilitätsforscher warnen, mehr Asphalt führe zu noch mehr C02. Dabei muss der CO2-Ausstoß laut Klimaschutzgesetz drastisch reduziert werden. Hat sich der Verkehrsminister in eine Sackgasse manövriert? ... "
(-ex> Streit um neue Autobahnprojekte | Bundesverkehrswegeplan überholt? | ZDF | Frontal 21 | 14-03-2023)

Prof. Andreas Knie (Mobilitätsforscher, Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung) spricht sich wegen der gravierenden Veränderungen für den Stopp aller Neubauten aus.

Trotz abnehmender Fahrleistung hält Wissing an den Ausbauzielen fest, während Österreich wegen der Klimakrise massiv in den Bahnverkehr investiert und das eingefühte Klimaticket weiter vorantreibt, um den Mobilitätswandel zu beschleunigen.

Die Zeichen stehen buchstäblich auf "Sturm"

Anstatt einem Pardigmenwechsel auch in der Mobilität Vorrang einzuräumen, soll die Automoblindustrie so weitermachen dürfen, wie bisher und nicht einmal mehr von der Europäischen Union ausgebremst werden dürfen. Wachstum und Profit stehen weiterhin vor jedweder Vernunft, wenn man die Zeichen der FDP aktuell deutet.

Diese ultraliberale Partei, die sich in der Wählergunst auf dem absteigenden Ast befindet, spekuliert höchstwahrscheinlich auch auf die Lobbystrukturen der Automobilindustrie und höchstwahrscheinlich auch auf deren Parteispendenfreudigkeit. Sie hat anscheinend noch nicht verstanden, dass der sogenannte freie Markt vordergründig seine Gewinne verwaltet, auf soziale Gerechtigkeit und die Auswirkungen des Klimawandels pfeift und die Politik gerne zum Hilfswilli der eigenen Unternehmensziele degradiert.

Wie skurril sich das Wirkungsspektrum des derzeitigen Verkehrsministers gestaltet, zeigt sich auch in einer Mailaktion der Deutschen Umwelthilfe (DUH) vom 14. März 2023:

Zitat: "... In Brandenburg werden dieser Tage auf der A24 nahe Kremmen die wegen zuvor hoher Unfallzahlen aufgestellten Tempo 130 Schilder wieder abmontiert. Begründung: Die Zahl der Unfalltoten hat sich seit Einführung eben des Tempolimits stark verringert. Nun darf auf der Strecke wieder bedingungslos gerast und gestorben werden. Die absurde Argumentation spricht Bände – auch für die Verkehrspolitik dieser Bundesregierung.

Verkehrsminister Wissing und die FDP blockieren höhere CO2-Standards und strengere Abgasvorschriften für Neufahrzeuge. Nun haben sie es auch noch geschafft, das Verbrenner-Aus ab 2035 in Europa zu blockieren. ..."

Die DUH spricht inzwischen von der Porsche-Partei, die Klima-Sabotage betreibt.

Klimawandel schreitet schneller voran, als vermutet

Wer so besehen mit der FDP sympathisiert, schiesst sich anscheinend auch gerne ins eigene Knie, denn die Dringlichkeit der Anpassung an den Klimawandel ist nicht zu übersehen.

Der CO2-Gehalt in der Atmosphäre soll schon bei 420 ppm liegen. In einer "Kaltzeit" liegt dieser Wert bei ca 180 ppm und bei "normalen" Temperaturen bei ca 280 ppm. Die Auswirkungen der 420 ppm spüren wir als Menschheit noch gar nicht, was einen eigentlich auf den Weg zur Umkehr als Verwalter der Wachstumsziele der Industrie, koste es was es wolle, zwingen müsste.

Vielleicht sollte Wissing sich mal an der Realität messen, die dann heißen könnte, dass man auf übeschwemmten 10-spurigen Autobahnen nicht fahren kann.

Der Wandel im Mobilitätssektor, weg vom Auto hin zu den Öffentlichen Verkehrsmitteln oder einer zunehmenden Nutzung von Fahrrädern oder E-Bikes ist ein weiterer deutlicher Hinweis darauf, dass sich der hemmungslose Ausbau von Straßen und Autobahnen eher bodenversiegelnd und natur- und umweltschutzverachtend auswirkt, als vernunftorientiert.

Auch das 49 Euro Ticket wird nicht einmal ansatzweise dem Tropfen auf dem heißen Stein gerecht, denn es birgt zuviele Hemmschuhe und könnte letztendlich nicht nur noch teurer werden, sondern durch die drei- oder fünfmonatige Zeitbegrenzung zum Rohrkrepierer.

So bremst die FDP nach alle Kräften, beschleunigt durch ihre Macht- und Gesetzesgelüste den Klimawandel und riskiert gesellschaftliche Kosten, wie Strafzahlungen an die Europäische Union und die Verfehlung der Klimaziele, die dann die Steuerzahler:innen auffangen müssen.

Vergleichen lässt sich das mit der Privatwirtschaft und natürlich auch den Banken, die sich ihre selbst verschuldeten Krisen von den Steuerzahler:innen liebend gern begleichen lassen.

Politiker:innen funktionieren inzwischen ähnlich, wie die Finanzwirtschaft. Da zählen nicht die Wähler:innen, sondern das System, das sich mit zunehmender Geschwindigkeit vor die Wand fährt. Derzeit trauen sich Politiker:innen aller Couleur nicht diesem Systemfehler ein Ende zu bereiten.

Nächste Finanzkrise schon in Sichtweite

Man braucht sich nur vorzustellen, was passert, wenn die UPS-Bank, die gerade die Credit Swiss geschluckt hat, zahlungsunfähig wäre. Die Banken treiben es auf die Spitze und haben nichts dazugelernt, weil ihre Macht ungebrochen scheint.

Fazit:

Beides zusammengenommen, Finanzkrise und Verkehrsministerwirtschaft unterstreichen ein Selbstverständnis, dass die wirklichen Lösungen aussitzt.

Protagonsten, die sich im Sinne von Natur- und Umweltschutz engagieren, werden dann auch gerne mit Terroristen verglichen, wenn sie zivilen Ungehorsam nicht gesetzestexttreu praktizieren, und die Demokratie gefährden sollen, weil sie sich auf Straßen festkleben.

Michel Forst, erster UN-Sonderberichterstatter für den Schutz von Umweltschützern, hat dazu einen Konter formuliert: Die verbale Eskalation seitens der Politik gefährde die Demokratie.

Da wünscht man sich Politiker wie Hermann Scheer zurück, der viel zu früh verstarb und zu Lebzeiten alles tat, um die Solarindustrie in Deutschland zu puschen, die dann leider doch sehenden Auges nach China exportiert wurde.

Vielleicht verbündet sich Wissing bald mit der Bürgermeisterin von Madrid. Die Hauptstadt Spaniens hat in 4 Jahren ein Fünftel ihrer Bäume verloren. Dort macht man genau das Gegenteil davon, was der Rest der Welt tut. Auf dem Boden im Stadtzentrum wird Granit gepflastert und kein einziger Baum gepflanzt. Das führt zu Temperaraturunterschieden mit bis zu 10 Grad Celsius zwischen Vorstadtgebieten mit Bäumen und dem innerstädtischen Zentrum.

So fördert man stadtplanerische Hitzeinseln und unterstützt Hitzewellen. Nebenbei ist die Bürgermeisterin von Madrid Klimaskeptikerin, setzte trotz alarmierender Stickstoff- und Feinstaubwerte Autofreundlichkeit durch und kehrte somit die Politik ihrer Vorgänger:innen um.

Sie vergleicht Klimawandelanhängeri:innen mit Kommunisten, die die Evidenz der Wissenschaft leugnen, denn Klimawandel gab es schon immer.

Das Radwegenetz von Madrid hat eine Länge von 50 Kilometern, gegenüber 1.000 Kilometern in Paris, also himmlische Verhältnisse für Wissings Verkehrpolitik.

Fridays For Future Deutschland, sozusagen die Letzte Generation, fordert mit einer Campact-Petition inzwischen den Rücktritt von Wissing:
-ex> Verkehrsminister Wissing - treten Sie zurück!

Unser Tipp an Herrn Wissing: Spanisch lernen und auswandern - in Madrid ist es schön warm und voll autofreundlich!


-ex> PIK zum IPCC-Bericht

-ex> Streit um neue Autobahnprojekte | Bundesverkehrswegeplan überholt? | ZDF | Frontal 21 | 14-03-2023

-ex> Sanierungsfall Deutsche Bahn | Schienennetz als Dauerbaustelle | ZDF | 21-03-2023

-ex> Dieselgate 2.0 Dieselskandal: Urteil zu Abschalteinrichtung | ZDF | 21-03-2023

-ex> Campact-Petition Verkehrsminister Wissing - treten Sie zurück!


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